von Dr. Ann Kimes
Am 16.05.2019 fand zum dritten Mal die Veranstaltung „Japan im Klassenzimmer“ im Forum der Hohen Landesschule statt, die von Frau Yukiko Luginbühl und Herrn Michael Mayerhofer vom Generalkonsulat von Japan in Frankfurt sowie Frau Makiko Komori-Nuber von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Frankfurt gestaltet wurde. Zu Gast waren neben vier Klassen der Jahrgangsstufen 7-9 auch Frau Sandra Polatzek von der Wählergemeinschaft Bürger für Hanau (BFH) sowie Frau Getrud Rosemann, Heimbotschafterin der Präfektur Tottori, die die Grundlagen für die Städtepartnerschaft Tottori-Hanau legte und das Hessische Puppenmuseum in Hanau, das unter anderem eine Abteilung mit japanischen Puppen zeigt, gründete.
Frau Schaetzke begrüßte in ihrer Doppelrolle als Schulleiterin der Hohen Landesschule sowie als Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Tottori-Hanau alle Anwesenden sehr herzlich und brachte ihre Faszination für Japan zum Ausdruck. Im Anschluss daran wies Herr Mayerhofer auf das vielfältige, ausgelegte Informations- und Anschauungsmaterial hin und stellte einen Aufsatzwettbewerb der Deutsch-Japanischen Gesellschaft e.V. Frankfurt am Main sowie des Japanischen Kulturzentrums zum Thema „Die Olympischen Spiele 2020 und ich“ vor. Er lud die Schülerinnen und Schüler dazu ein, daran teilzunehmen und führte aus, dass die Verfasserinnen und Verfasser der 10-15 besten Aufsätze eine Einladung zum Essen in der Residenz des Generalkonsuls in Frankfurt erhalten und die beiden Hauptgewinner sogar eine Reise nach Japan in den Osterferien 2020 gewinnen würden. Die Informationen zu dem Aufsatzwettbewerb wurden sodann abgelöst von einer allgemeinen Einführung zu Japan.
Frau Yukiko Luginbühl hielt einen äußert interessanten und informativen Vortrag zu Japans Geographie, Natur, politischem System, der japanischen Schrift sowie dem Schulsystem. Hinsichtlich der Geographie stellte sie einen Vergleich zu Deutschland insofern an, als Deutschland und Japan zwar flächenmäßig vergleichbar seien, Japan aber mit 128 Millionen Einwohnern viel dichter bevölkert sei, wobei allein 14 Millionen Menschen in der Hauptstadt Tokyo lebten. In Bezug auf japanische Naturphänomene verwies Frau Luginbühl auf die sehr unterschiedlichen Klimazonen Japans, über 50 aktive Vulkane und zahlreiche heiße Quellen (jap. Onsen). Die japanischeGesellschaft habe ein sehr respektvolles Verhältnis zur Natur, sodass jede Jahreszeit durch ein eigenes Fest zelebriert werde und viele Wälder mit einem Eingangstor versehen seien. Bäume würden als heilig erachtet und die dort vorzufindenden Bambuswälder fungierten als Stille- und Meditationsräume.
Politisch betrachtet sei Japan eine parlamentarische Monarchie, d.h. es gebe einen Kaiser und einen Premierminister als Regierungschef. Ende April 2019 habe es in Japan ein besonderes Ereignis gegeben, da der bis dahin amtierende Kaiser Heisei abgedankt und das Amt an seinen Sohn Reiwa (= schöne Harmonie) übergeben habe. Dies sei ungewöhnlich, da die Amtszeit eines Kaisers ansonsten mit dem Tod eines Kaisers ende. Japan sei die älteste Monarchie, habe eine eigene, an den Amtszeiten der Kaiser orientierte Zeitrechnung und die Thronbesteigung sei durch feste Rituale und Symbole charakterisiert (Spiegel, Schwert, Krummjuwelen).
Im weiteren Verlauf wurden drei verschiedene in Japan existierende Schriften vorgestellt, die unzählige Symbole umfassen und ab der Grundschule von japanischen Schülerinnen und Schülern erlernt werden. Das japanische Schulsystem ist im Vergleich zu Deutschland sehr streng und Kinder und Jugendliche haben nur wenig Freizeit. Schülerinnen und Schüler in Japan tragen eine Schuluniform, bereiten ihr eigenes Essen zu und putzen die Schule nach Unterrichtsschluss. Darüber hinaus haben sie täglich nachmittags AGs (Sport, traditionelle Künste, Manieren etc.), besuchen „Paukschulen“ zur weiteren Förderung und verbringen sogar ihre Sommerferien in den Schulen, um gemeinsam mit Mitschülern die über die Ferien gestellten Hausaufgaben zu erledigen.
Nach diesem inhaltlichen Input folgte ein interaktiver Workshop zur japanischen Etikette. Dazu führten Frau Luginbühl, Frau Komori-Nuber und Herr Mayerhofer Sketche in verschiedenen Settings auf. Diese enthielten jeweils mehrere Fehler, die die Schülerinnen und Schüler erraten sollten. Etikette spielt in Japan eine herausragende Rolle und die Sketche umfassten Situationen im Eingangsbereich des Hauses, auf der Toilette, im Wohnzimmer, beim Essen, im Zug sowie bei einer Verabredung in der Stadt, im Supermarkt und im Büro. Einige Beispiele für japanische Etikette sind etwa, dass man sich zur Begrüßung verbeugt, dass die Eingangsbereiche in japanischen Häusern immer gleich gestaltet sind, Besucher ihre Schuhe dort ausziehen und in einer bestimmten Weise abstellen, dass Gäste beim Betreten der fremden Wohnung immer „Ojama shimasu“ („Entschuldigen Sie die Störung.“) sagen, dass es für den Toilettengang spezielle Pantoffeln gibt, dass das gemeinsame Essen stark reglementiert ist, dass es eine bestimmte Sitzweise gibt (die einige Schüler ausprobieren durften), dass Fahrgäste an Bahnhöfen in Reihen anstehen, dass Essen und Handys in Zügen verboten sind und die Fahrgäste ihren Müll mitnehmen müssen und dass man bei Verabredungen immer ein paar Minuten früher da sein sollte, da Pünktlichkeit in Japan als Zeichen der Wertschätzung gesehen wird. Nach diesem äußert unterhaltsamen und informativen Workshop hatten die Schülerinnen und Schüler abschließend die Gelegenheit, Vertiefungsfragen zu stellen, ein Angebot, das zahlreiche Lernende gerne in Anspruch genommen haben.
Insgesamt war es eine überaus gelungene Veranstaltung, die den hiesigen Schülerinnen und Schülern die japanische Kultur nähergebracht, Neugier geweckt und auf potentielle interkulturelle Begegnungen im privaten wie beruflichen Bereichvorbereitet hat.