Die Schüler der Oberstufe der Hohen Landesschule, die einen Deutsch Leistungskurs besuchen, haben jedes Jahr in der zweiten Novemberwoche einen festen Termin. Am 10. November fahren sie zusammen mit der sie betreuenden Lehrkraft zur Feier von Schillers Geburtstag nach Marbach am Neckar. Was von den Schülern als willkommene Abwechslung ihres Schulalltags erlebt wird, erinnert an ein Ereignis, das in diesem Jahr sein 160-jähriges Jubiläum feiert.
Es war im Jahr 1859, als von sieben Unterprimanern der HOLA ein Spendenaufruf zur Erhaltung von Schillers Geburtshaus an alle Gymnasien im damaligen Reich ausging. Am Ende hatte man über zehntausend Gulden zusammen – tausend kamen allein von der HOLA – und das bescheidene Anwesen, in dem Deutschlands namhafter Vorreiter des Gedankens der Freiheit und Brüderlichkeit zur Welt kam, konnte vor dem Verfall bewahrt werden.
Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Friedrich-Schiller-Gymnasium Marbach und der Hohen Landesschule werden an Schillers Geburtstag nicht nur verbal bekräftigt. Es ist Brauch – wie die Schüler des Deutsch LK bezeugen können – dass Schillers literarische Schöpfungen jedes Jahr aufs Neue den Ansporn zu aktualisierender Neuinterpretation liefern.
Eine Schule, deren Bekenntnis zum Theater im Jahresturnus bemerkenswerte Aufführungen hervorbringt, wird eine solche Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Und so war es im Grunde selbstverständlich, dass die 15 Schüler des Deutsch LK „geliefert“ haben. Schillers Ballade „Die Kindsmörderin“ erfuhr in der gespielten szenischen Darbietung eine ganz und gar neue und originelle Variante, da die Schönheit des armen Mädchens zu ihrem Verderben wird, da sich der Vater des Kindes aus der Verantwortung stiehlt und da der dichterische Genius – quasi die neue moralische Instanz – sich im Drama zeigt und der weltlichen Gerichtsbarkeit ins Gewissen redet.
Begleitet wurde der besagte Deutsch LK nicht nur von seinem Kursleiter, sondern auch von den Initiatoren sämtlicher Theaterinszenierungen der vergangenen viereinhalb Jahrzehnte – Erland Schneck-Holze und Andreas Kühnel. Die Marbacher Gastgeber waren erfreut und durften sich geehrt fühlen angesichts des Gastgeschenks der Holaner, dargeboten in Erinnerung an das Werk des berühmten Sohns der Stadt am Neckar.
Die Delegation der HOLA nutzte darüber hinaus die Gelegenheit, den Kulturaustausch zwischen dem Marbacher und dem Hanauer Gymnasium zu befördern. Angedacht sind gegenseitige Besuche der schulischen Theater-Ensembles und vielleicht noch so einiges andere mehr.
Dr. Thomas Liesemann