von Linnéa Kremer (Abitur 2021)
Ich habe während meiner Oberstufenzeit an der Hohen Landesschule am Schülerstudium der Goethe-Uni Frankfurt teilgenommen. Das war für mich ein sehr schönes Erlebnis, daher teile ich gerne an dieser Stelle meine Erfahrungen.
Die HOLA bietet zusammen mit der Goethe-Universität Frankfurt an, schon während der Oberstufe an Uni-Veranstaltungen teilzunehmen, nicht nur als Gast, sondern auch als regulärer Teilnehmer mit der Möglichkeit, die Klausuren oder Prüfungen mitzuschreiben und so auch schon Credit-Points sammeln zu können, die man ggf. später auch für ein reguläres Studium anrechnen lassen kann.
Solch ein Schülerstudium kostet natürlich Zeit. Zum einen sind das die Lehrveranstaltungen selbst, Vorlesungen, Seminare oder Übungen, zum anderen muss man die Inhalte dieser Veranstaltungen auch vor- oder nachbereiten und sich für Klausuren präparieren oder Hausarbeiten oder Übungen abgeben. Für die investierte Zeit konnte ich aber in das Leben an der Goethe-Uni eintauchen, konnte mir verschiedene Fächer anschauen und erleben, wie sich das Studentin-Sein so anfühlt. So konnte ich in verschiedenste Fachbereiche von Geschichte, Amerikanistik über Archäologie bis Jura und Astronomie reinschnuppern.
Ich konnte zum Glück vor den Corona-Einschränkungen auch an die Uni nach Frankfurt fahren und dort an Präsenzveranstaltungen teilnehmen. Danach waren die Veranstaltungen nur noch online, die Universität setzt Onlineunterricht sogar noch konsequenter um als die HOLA für uns in der Oberstufe.
Die Möglichkeit des Schülerstudiums war mir, bevor ich von der Schule darauf angesprochen wurde, nicht bewusst, doch ich fand sie interessant und begann, mich damit zu befassen. Die Schule vermittelte mir den Kontakt zu Schülerstudent*innen in höheren Jahrgangsstufen und nach etwas Überlegen habe ich mich zum Sommersemester 2019 während der E2 für das Schülerstudium beworben. Hierfür wurde ich von der Schule mit einem sehr ausführlichen Empfehlungsschreiben unterstützt, zusätzlich wollte die Uni von mir ein Motivationsschreiben und mein Zeugnis.
Ein paar Wochen vor Semesterbeginn erhielt ich dann die freudige Nachricht, dass meine Bewerbung angenommen wurde. Ein Schülerstudent an der HOLA half mir, die richtigen Webseiten der Uni zu finden, denn nun stand ich vor der schwierigen Aufgabe, mich für eine Lehrveranstaltung zu entscheiden. Das Angebot der Goethe-Universität ist riesig, für über 45.000 Studierende werden entsprechend viele Veranstaltungen angeboten und als Schülerstudentin darf man an den meisten auch wirklich teilnehmen. Zu dem Zeitpunkt war ich mir aber unsicher, welches Fach mich am meisten interessiert, und die Entscheidung fiel mir nicht leicht.
Schlussendlich entschied ich mich für eine Vorlesung im Fachbereich Geschichte zur Gesellschaft im antiken Rom, ein Thema, das mich schon immer sehr interessierte und dem in unserem normalen Unterricht, selbst im Geschichtsleistungskurs, nicht viel Zeit gewidmet werden konnte. Diese Vorlesung lag zeitlich während meines normalen Unterrichts an der HOLA, doch ich konnte in konstruktiven Gesprächen mit meinen Lehrer*innen eine gute Lösung finden, so dass ich auch wöchentlich fast drei Schulstunden an Unterricht verpassen durfte.
Dann ging es mit meiner ersten richtigen Vorlesung los. Zunächst war ich etwas eingeschüchtert von den vielen älteren Studierenden und dem im Vergleich zur Oberstufe deutlich erhöhten Niveau an der Uni. Ich stellte aber fest, dass man sich doch schnell an das Niveau und das Tempo an der Uni gewöhnen kann, und dann wurde die Uni wirklich interessant. Ich konnte viel neues Wissen mitnehmen und die Erfahrung sammeln, wie sich Hochschulunterricht vom Oberstufenunterricht unterscheidet, dass Professoren einen völlig anderen Unterrichtsstil haben als in der Oberstufe, dass ich mir als Studentin das Wissen auch viel selbstständiger aneignen muss und dass die anderen Studierenden dort auch nicht alle immer klüger waren als ich und man mit dem Wissen aus der HOLA gut mithalten kann.
Auch wenn die Vorlesung natürlich eine zusätzliche Belastung im Alltag mit Schule, Sport und Lernen bedeutete, überwogen der Nutzen und der Spaß klar und so entschied ich mich im nächsten Semester, an einem zweisemestrigen, englischsprachigen Proseminar zur amerikanischen Geschichte im Fachbereich American Studies, teilzunehmen. Das Thema hatte mich schon in meinem Auslandsjahr in den USA besonders interessiert und so war ich sehr froh, dass sich mir so die Möglichkeit bot, es noch mehr zu vertiefen.
Das Proseminar fand ich sogar noch interessanter als meine erste Vorlesung und hier musste ich auch die ersten Leistungsnachweise auf Universitätsniveau erbringen. Zu jeweils einer Hausarbeit zu Semesterende kam auch ein Final-Exam zum Ende der zweiteiligen Veranstaltungen dazu. Die etwas anderen Anforderungen an der Uni stellten mich vor Herausforderungen, doch, wie oben schon geschrieben, man kann sich mit etwas Aufwand schnell daran gewöhnen und ich denke, es ist für mich ein Vorteil, dass ich dies schon zum damaligen Zeitpunkt erleben konnte. Auch für den normalen Englischunterricht war das Proseminar natürlich hilfreich.
Ich entschied mich im folgenden Semester, die Vielfalt, die mir das Schülerstudium an der Goethe-Uni bot, zu nutzen und nochmal in andere Fachbereiche reinzuschnuppern, in welchen ich mir auch ein echtes Studium zu diesem Zeitpunkt durchaus hätte vorstellen können. Und so begann ich parallel zu meinem letzten Schuljahr an der HOLA jeweils eine Vorlesung in Jura sowie Archäologie. Auch wenn beide Vorlesungen, die im Gegensatz zu meinem damaligen Schulunterricht leider immer noch nicht in Präsenz, sondern nur über Zoom stattfinden konnten, auch interessant waren, kam ich durch die Vorlesungen doch zu dem Schluss, dass ich mir ein Studium in diesen Bereichen zumindest nicht im Hauptfach vorstellen kann. Auch diese Erkenntnis ist für mich sehr viel wert und hätte mich ohne Schülerstudium auch gut ein ganzes Semester kosten können. So hatte ich durch das Schülerstudium die Möglichkeit, Erfahrungen in Bereichen zu sammeln, die in der Schule nicht behandelt werden und konnte mir zusätzlich die Entscheidung für mein Studium nach der Schule deutlich erleichtern.
Auch für mein letztes Semester als Schülerin entschied ich mich wieder für zwei Veranstaltungen. Vom Stress des Abiturs kann ich mich so mit zwei sehr interessanten Vorlesungen und einer Übung zur Astronomie sowie einer weiteren Vorlesung in der Amerikanistik ablenken, welche leider immer noch nur über Zoom bzw. als Aufzeichnung stattfinden.
Generell kann ich sagen, dass es sich für mich sehr gelohnt hat, am Schülerstudium teilzunehmen. Ich konnte vielfältige neue Erfahrungen sammeln, meinen persönlichen Horizont deutlich erweitern sowie im Laufe von fünf Semestern und sieben Veranstaltungen in fünf verschiedene Fachbereiche hereinschnuppern; eine Möglichkeit, die ich sonst nie gehabt hätte. Das Schülerstudium half mir sehr, mich zu entscheiden, welches Fach ich studieren will, und ich bin sicher, dass ich von den dort gesammelten Erfahrungen aus allen Fachbereichen noch lange profitieren werde. Darum bin ich der HOLA sehr dankbar, dass ich auf die Möglichkeit hingewiesen wurde und stets so große Unterstützung erfuhr.
Ich empfehle jedem, der neben Schule und Hobbys die Zeit und die Motivation findet, sich auf die Herausforderung Schülerstudium einzulassen, sich ernsthaft mit der Möglichkeit des Schülerstudiums an der Goethe-Universität auseinanderzusetzen.